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Boethius |
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Anicius Manlius Severinus
Boethius wird in Rom geboren, er entstammte einer der reichsten und
angesehensten römischen Familien, den Anicii. Sein Vater
Flavius Manlius Boethius war wie auch viele seiner Vorfahren Konsul
gewesen. Boethius verlor seinen Vater in jungen Jahren, doch fand er in
Quintus Aurelius Memmius Symmachus, der ebenfalls Konsul gewesen war
und einer der bekanntesten Familien Roms entstammte, einen Pflegevater.
Quintus Aurelius ließ ihm eine gründliche
philosophische Ausbildung zuteil
werden. möglicherweise in Athen oder Alexandria.
Später heiratet Boethius
dessen Tochter
Rusticiana. |
507 |
Boethius wird bereits als Gelehrter geschätzt,
der Ostgotenkönig Theoderich nimmt seine Dienste in Anspruch. |
510 |
Boethius wird Consul ordinarius sine collega (das ist
der das Jahr benennende Konsul, ungewöhnlich ist,
dass er es ohne einen Mitkonsul wird). Er tritt aber politisch
nicht weiter hervor. |
522 |
Seine beiden Söhne, Symmachus und Boethius,
werden zu Konsuln ernannt, Boethius selbst wird Magister officiorum. Er
tritt
damit an die Spitze der Reichverwaltung des Westreichs bzw.
des Ostgotenkönigs Theoderich. |
523/24 |
Nach dem Tod des designierten Thronfolgers
Eutharich und des Papstes Hormisdas treten zwischen dem Hof
Theoderichs in Ravenna und dem teilweise probyzantinisch gesinnten
Senat in Rom Konflikte auf, in denen sich Boethius auf die Seite des
Senates stellt. Er wird vom Amt suspendiert, wegen Hochverrat und
Majestätsbeleidigung verurteilt und hingerichtet. Sein Tod
durch einen arianischen Herrscher wird als Martyrium angesehen, der
lokale Kult 1883 bestätigt. Boethius liegt in S. Pietro in
Ciel
d'Oro in Pavia begraben. Das Todesdatum ist umstritten, es wird auch
526 angegeben. |
Der Trost der Philosophie |
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Boethius wurde vor allem durch seine (nicht datierbaren
Werke) bekannt. Zu nennen sind sein wissenschaftliches Werk, Schriften
zum Quadrivium (Arithmetik, Musik, Geometrie und Astronomie), die als
Lehrbücher verwendet wurden, seine Übersetzungen vor
allem der logischen Schriften des Aristoteles
mit ihren Kommentaren,
die als logica vetus den Unterricht bis zur Aristotelesrezeption des
12. und 13. Jahrhunderts bestimmten. Außerdem schrieb
Boethius eine Reihe
eigenständiger Abhandlungen zur Philosophie, und ein in seiner
Echtheit umstrittenes Kompendium der christlichen Glaubenslehre, De
fide catholica. Unsterblich wurde Boethius aber durch den
Trost der Philosophie, De consolatione Philosophiae,
eine der wichtigsten Schriften der abendländischen
Philosophie. Sie, verweist an die Geisteshaltung von Sokrates
und Seneca.
Der Trost der Philosophie wurde im Kerker, in Erwartung von Folter und Hinrichtung geschrieben. Boethius tröstet sich im Gespräch mit der "Dame Philosophie" nicht etwa durch christliche Glaubensaussagen, sondern durch philosophische Argumentation. Boethius vermittelt wie kaum ein anderer griechisches Wissen an das Mittelalter. Er ermöglicht die Rezeption des Quadriviums, des Organons des Aristoteles und seiner neuplatonischen Kommentare und bringt damit die von Cicero begonnene Aneignung der griechischen Philosophie als 'Letzter Römer' zum Abschluss. Gleichzeitig ist Boethius der 'erste Scholastiker', der die Philosophie der Alten auf dogmatische Begriffe anwendet. Dante zählt ihn in der Divina Commedia zu den hervorragendsten Theologen. |
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Literatur: Henry Chadwick, Boethius: The consolations
of music, logic, theology and philosophy, Oxford 1998; Manfred
Fuhrmann, Joachim Gruber (Hgg.), Boethius. Darmstadt 1984; Joachim
Gruber: Kommentar zu Boethius, De Consolatione Philosophiae, 2.
erweiterte Aufl. Berlin und New York 2006. |
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