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Anselm von Canterbury
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1033 |
Anselm wird in Aosta im
Königreich Burgund als Sohn eines Grafen Gundulf geboren. |
1060 |
Eintritt in den Benediktinerorden
im Kloster Bec in der
Normandie, das von seinem Landsmann Lanfranc geleitet wird. |
1063 |
Prior von Bec und als Nachfolger von Lanfranc Leiter
der Schule. Anselm von Canterbury macht die Schule zu einer
geschätzten
Stätte der Gelehrsamkeit. Er selbst verfasst eine
Reihe grundlegender Schriften der Scholastik, der auf Aristoteles
zurückgeführte wissenschaftlichen Schule. |
um
1077/78 |
Proslogion (Anrede). In der Vorrede schreibt
Anselm zwei Sätze, die Grundpositionen der Scholastik im
Verhältnis von Glauben und Vernunft bestimmen: Fides quaerens
intellectum (Der Glaube sucht die Vernunft) und Credo ut intelligam
(Ich glaube, damit ich verstehe). In seinem in lateinischer Sprache
verfassten Werk Proslogion findet sich auch der
ontologische Gottesbeweis Anselms. Er besagt, Gott sei das,
über den hinaus Größeres nicht
gedacht werden könne. Mit diesem Satz
beschäftigen sich die Philosophen über Kant
bis heute. Dazu kommen das
Monologion (Selbstgespräch, Versuch des Gottesbeweises) und in
den nächsten Jahren eine ganze Reihe von Schriften zu
theologischen Problemen. Dazu gehören die Fleischwerdung des
Wortes, die jungfräuliche Empfängnis
und die Erbsünde, und der Widerspruch zwischen Willensfreiheit
und
Prädestination. Die Satisfaktionslehre, die er in Cur Deus
homo vertritt, wird als eine der Grundlagen der Reformation
angesehen. Seine Briefsammlung ist eine wichtige historische Quelle. |
1079 |
Anselm von Canterbury wird Abt von Kloster Bec. |
1092 |
Anselm ist an der Verurteilung des extremen
Nominalisten Johannes Roscelin in Soissons beteiligt. |
1093 |
König Wilhelm II. Rufus von England ernennt
Anselm als Nachfolger des bereits 1089 gestorbenen Lanfranc
zum Erzbischof von Canterbury. Die englische Kirche war von Wilhelm dem Eroberer nach 1066 nach den 'norman customs' organisiert worden. Der König ernannte die geistlichen Würdenträger, der Einfluss der römischen Kirche war minimal. Anselm von Canterbury leistet nur unter den Bedenken den Lehenseid, wird aber inthronisiert und konsekriert. Anselm ist nun Primas der englischen Kirche. Zwischen ihm und dem König bricht bald der englische Investiturstreit aus, in dem die Reformpäpste Urban II. und Paschalis II. Anselm unterstützen. Die Mehrheit der englischen Bischöfe steht auf Seiten der Könige Wilhelm II. und Heinrich I. |
1097-1100 |
Anselm lebt im Exil in Rom, er kann nach dem Tod von
König Wilhelm Rufus nach England zurückkehren. |
1103-1106 |
Erneutes Exil, diesmal in Lyon. Nach
einer Annäherung mit
König Heinrich I. kehrt er nach England
zurück. |
1107 |
Auf dem Hoftag in Westminster findet ein Ausgleich
zwischen
Erzbischof und König statt. Der Kirchenkampf Anselms ist vor
allem
theologisch motiviert: die Kirche steht unter dem Gesetz Gottes, nicht
des Königs. Außerdem geht Anselm von
Canterbury auch auf verschiedenen
Reformsynoden
scharf, aber wenig erfolgreich gegen die weit verbreitete Priesterehe
vor. |
1109 |
Anselm stirbt am 21. April in Canterbury. Er wird 1494
heilig gesprochen (Gedenktag 21. April) und 1720 von Papst Clemens XI.
zum Kirchenlehrer ernannt. Er ist einer der wichtigsten Vertreter der
Frühscholastik mit starkem Nachwirken, manchmal wird er
der Vater der Scholastik genannt. |
Literatur: Martin Anton Schmidt, Anselm von Canterbury,
in: Martin Greschat (Hrsg.), Gestalten der Kirchengeschichte
3, Stuttgart 1983; Richard William Southern, Saint
Anselm. A Portrait in a Landscape. Cambridge 1990. |
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