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Benedikt von Nursia |
Die einzige Quelle
für Benedikts Leben ist die Vita, die der lateinische
Kirchenvater und Papst Gregor
der
Große um 600 verfasste. In der modernen
historischen Forschung wird die Richtigkeit ihrer Angaben
allerdings teilweise bezweifelt, dies ging bis zur (sicher
unhistorischen) Leugnung der Existenz Benedikts. Nach der
traditionellen Sichtweise, die im Kern sicher historisch ist, ohne
dass alle Daten stimmen müssen (z.B. ist das Jahr
529 ein Sammeljahr historischer Ereignisse), ergibt sich folgendes
Bild über das Leben und Wirken des Benedikt von Nursia: |
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um 480 |
Benedikt wird im heutigen Norcia bei Perugia
in Umbrien geboren. Er stammt von freien, wohlhabenden Eltern
ab. Seine Schwester, eventuell Zwillingsschwester, ist die Hl.
Scholastica,
die traditionell als Gründerin des Ordens der
Benediktinerinnen verehrt wird. Er wird in seiner Jugend zum Studium
nach Rom geschickt, entschließt sich aber wegen des
ausschweifenden Lebensstils seiner Mitschüler zu einem Leben
in Askese. Benedikt
schließt sich einer Asketengemeinschaft in Afide (heute
Affile im Sabinergebirge, westlich des Abbruzischen Appenin) an.
Er zieht sich dann in eine
Höhle am Anio bei Subiaco zurück und wird
später Vorsteher einer Eremitengemeinschaft in Subiaco selbst.
In diese Eremitengemeinschaft führt Benedikt eine Ordnung ein,
die
sich an den Regeln des Hl. Pachomius orientiert. Pachomius
(griech.Pachomios) war ein ägyptischer Mönch
und Gründer der ersten christlichen
Klöster.
Da es zu
Intrigen kommt, verlässt Benedikt die von ihm
gegründete Gemeinschaft wieder. |
Gründung des Benediktinerordens |
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529 |
Benedikt zieht mit ihm ergebenen Mönchen nach
Süden nach Campanien und errichtet auf dem Monte Cassino
nordöstlich von Capua, auf dem noch eine heidnische
Kultstätte bestand, ein neues Kloster. Es wird zur
Quelle des abendländischen
Mönchtums überhaupt und zum Stammkloster des
Benediktinerordens. Benedikt arbeitet für sein Kloster eine
Regel aus,
die körperliche Arbeit mit Disziplin und
christlichem Gebet verbindet. Alle älteren Regeln
fasst Benedikt neu, mit Ausnahme der Regula S. Augustini. Erst sieben
Jahrhunderte später entstehen im Hochmittelalter
mit der Franziskus-Regel neue
religiöse Lebensformen. Bendedikt von Nursia fordert von den Mönchen die stabilitas loci, das Verbleiben im Kloster im Gegensatz zum Vagabundieren vieler Asketen, die conversio morum, die Abkehr von der Welt mit Verzicht auf persönliches Eigentum und ein Leben in Keuschheit, die oboedientia, den unbedingten Gehorsam gegenüber den von den Mönchen gewählten Abt. Benedikts Askese ist im Gegensatz zu vielen östlichen Mönchsgemeinschaften gemäßigt. Gebet und Arbeit, in der Regel genau vorgeschrieben, gliedern den Tag. Der Eintritt in die Gemeinschaft ist aber einer strengen Auswahl unterworfen. Die Benedicti Regula verdankt ihre Verbreitung Papst Gregor dem Großen, Bonifatius (Winfrid), Alkuin und nicht zuletzt unter der karolinischen Renaissance auch Karl dem Großen. |
547 |
Bemedikt stirbt am Gründonnerstag
(21. März) in Monte Cassino und wird neben seiner Schwester
Scholastica begraben. Die spätere Translation
(Überführung der Leiche) nach Fleury in
Frankreich gilt als unhistorisch. Wahrscheinlich ist das Todesdatum
eher um 560 anzusetzen. Benedikt ist der Begründer
des
christlichen Mönchtums im Westen und hat durch seine Regel
eine kaum übersehbare Wirkung gehabt. Er wird als
Heiliger verehrt (Tag 11. Juli seit 1970) und wurde 1964 von Papst Paul
VI. zum Patron Europas erhoben. Mit der Namensgebung zum
Papst Benedikt XVI. stellte sich der deutsche Papst Joseph Ratzinger in
die Tradition des Ordensgründers. |
Literatur: Rudolf Hanslik, Benedicti regula, Corpus
Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum 75, 2. Aufl. Wien 1977; Gregor
der Große, Der Heilige Benedikt, Buch II der
Dialoge. St. Ottilien 1995; Anselm Grün, Benedikt
von Nursia, Freiburg im Breisgau 2006. |
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