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Attila |
Steckbrief: Attila lebte von ca. 400 bis 453. Stichworte zum Lebenslauf von Attila sind die Hunnen, die Völkerwanderung und die Nibelungensage. Kurze Zusammenfassung der Biographie: Attila, dessen Leben im Nibelungenlied verewigt ist, kämpfte gegen Ostrom und Westrom. | |
um 400 |
Das Geburtsdatum Attilas ist
unbekannt. Er ist der Sohn des Mundzuc und Neffe des Rua, der Name
stammt wohl aus dem Gotischen und ist eine Verkleinerungsform von atta
(Vater). Attila heißt "Väterchen". |
428 |
Abtretung von Teilen Pannoniens (Donaugebiet) durch den weströmischen militärischen Befehlshaber Flavius Aetius an Attila. |
434 |
Attila vollendet zusammen mit
seinem Bruder Bleda die Einigung des Großreiches der Hunnen,
eines asiatischen Reitervolkes. Es umfasst in seinem Zenit einen
Zusammenschluss hunnischer, iranischer und germanischer
Stämme in einem Gebiet zwischen dem Kaukasus und dem Rhein. Um
die Gebietsgrenzen zu stabilisieren, wurden einige nomadische
Stämme unter Zwang sesshaft gemacht. |
436 |
Flavius
Aetius vernichtet mit Hilfe der Hunnen das Burgunderreich um Worms.
Wahrscheinlich bildet dieser Feldzug den Kern der
Nibelungensage. Die Beziehungen zwischen Attila und Aetius waren von
einer besonderen Begebenheit geprägt. Beide waren in
ihrer Jugend
jeweils Geiseln der anderen Partei, und respektierten sich. Zudem stand
Orestes als Sekretär bei Attila im Dienst. Orestes war der
Vater des letzten
weströmischen Kaisers, Romulus Augustulus. |
444 |
Nachdem er seinen Bruder Bleda ermordet hat,
übernimmt Attila die Alleinherrschaft. Ostrom stellt die
Zahlungen an Attila ein, worauf Attilas Reich in finanzielle
Nöte gerät. Attila beginnt mit einer Reihe
von großen
Feldzügen gegen Ostrom, bei denen er bis zu den Thermopylen in
Griechenland vordringt, dem Ort der legendären
Schlacht zwischen Perikles
und Xerxes von 480 v. Chr. Eine vollständige
Zerstörung oder gar
Eroberung von Ostrom beabsichtigt Attila dabei nicht. Er
plant lediglich die Stabilisierung seines eigenen Reiches mit Hilfe
von Tributzahlungen. |
447 |
Nach einer militärischen Niederlage Ostroms
wird der Krieg mit neuen Tributzahlungen beendet. |
448 |
Attila lebt in einer prachtvollen Residenz in der
Theißebene (die Theiß ist ein Nebenfluss der Donau,
die heute hauptsächlich durch ungarisches Staatsgebiet
fließt). |
450 |
Nachdem der oströmische Kaiser
Markian die
Tributzahlungen erneut einstellt, richtet Attila seinen Blick nach
Westen. Augusta Honoria, die Schwester von
Valentinian
III., dem Kaiser des weströmischen Reiches, macht Attila einen
heimlichen
Heiratsantrag. Honoria war bereits gegen ihren Willen verheiratet
worden, und suchte Unterstützung gegen den eigenen Hof. Attila
reagiert öffentlich mit der kühnen Forderung, ihm
neben Honoria auch den Westteil des Reiches zu
übergeben. Er beginnt mit einem
Feldzug in das Westreich zur Gewinnung neuer Interessengebiete. Seine
Versuche, Westgoten und Vandalen für seine politischen
Vorstellungen zu gewinnen, scheitern jedoch. |
451 |
Valentinian III. lehnt alle Forderungen Attilas ab.
Attila marschiert in Gallien ein und zerstört Metz und
Orleans. Aetius hatte jedoch unterdessen ein großes
Bündnis geschmiedet. Eine Allianz aus Römern,
Westgoten, Burgundern und Franken schlägt im August
Attila auf den
Katalaunischen Feldern (wahrscheinlich bei Chalons-sur-Marne). Attila,
dessen Truppen noch erhalten sind, zieht sich taktisch
zurück. |
452 |
Attila marschiert in Italien ein. Er erobert Aquileia.
Die Zerstörung der Stadt führt zur Gründung
Venedigs durch Flüchtlinge in der Lagune. Außerdem
erobert er Mailand, Verona,
Vicenza und Bergamo. Aetius kann die Bedrohung Roms grade noch
abwenden. Die
berühmte Gesandtschaft von Papst Leo I. an Attila und dessen
Konzessionen sind wahrscheinlich im Kern historisch, aber in ihrer
tatsächlichen Bedeutung nicht zu fassen. |
453 |
Der exzessiv lebende Attila stirbt bei der Hochzeit mit
der Gotin Ildico am
Blutsturz. Vielleicht wurde er auch ermordet.
Das Reich Attilas geht in
Nachfolgekämpfen und Aufständen zugrunde.
Das Bild Attilas in den Quellen ist düster
gezeichnet. Attila ist einerseits in der
Nähe der germanischen Nachfolgereiche auf römischem
Boden einzuordnen, andererseits nimmt er die mittelalterlichen Reiche
der Steppenvölker vorweg, der Awaren, Ungarn
und Mongolen. Im Vergleich zum Mongolenherrscher Dschingis
Khan
verfolgte Attila eine weniger auf reine Expansion fixierte Politik. Attila wirkt lange in der Überlieferung nach, er ist der Etzel des Nibelungenliedes und der Atli der nordischen Sagas. Auch in der Servatius- und der Ursulalegende spielt Attila eine Rolle. Auf Attila spielte der deutsche Kaiser Wilhelm II. in seiner berühmten "Hunnenrede" an, mit der er in Bremerhaven deutsche Soldaten zur Niederschlagung des Boxeraufstandes nach China schickte: "Wie vor tausend Jahren die Hunnen unter ihrem König Etzel sich einen Namen gemacht, (...) so möge der Name Deutscher in China auf 1000 Jahre durch euch in einer Weise bestätigt werden, dass es niemals wieder ein Chinese wagt, einen Deutschen scheel anzusehen!“ |
Literatur: Otto J. Maenchen-Helfen: Die Welt der Hunnen. Wiesbaden 1997; Gerhard Wirth: Attila. Das Hunnenreich und Europa. Stuttgart 1999. Erbar, Ralph: Kein Pardon! Die „Hunnenrede“ Wilhelms II. und ihre Geschichte. In: Politische Reden. Deutschland im 20. Jahrhundert. Braunschweig 2007, S. 14–17 (Praxis Geschichte. Jg. 20, H. 6, 2007). | |